Essenz des Ninjutsu

Nach gründlichem Studieren der gesamelten Werke im Buch "Die Essenz des Ninjutsu" von Dr. Masaaki Hatsumi und der Arbeit von unserem geschätzten Shihan Armin Dörfler, habe ich mir die Zeit genommen, lange über das Gelesene und über unsere regelmäßigen Trainingseinheiten zu meditieren. Es ist unmöglich all das was ich seit dem Beginn von Ninjutsu je her gelernt habe in einer Arbeit widerzugeben. Es wäre viel mehr dem Ganzen nicht würdig. Es sind so viele Dinge, die nennenswert sind. Vorallem aber sind es die subtilen kleinen Ereignisse, die nur einem wachen Geist auffallen können, die dem ganzen seine wahre Essenz verleihen. Auch wenn wir es meist nicht nennen können und nicht in Worte fassen können, spüren wir es alle. Die Essenz liegt ganz geheim und leise versteckt, hinter den formlosen Formen. Ungreifbar wie ungleich unser Blut und Fleisch. Ohne Geruch und Geschmack. Eine unsichtbare Ordnung hinter dem sichtbaren Chaos. Und ehe wir uns versehen sind wir in ihrem Bann. Ohne zu verstehen das wir bereits von der ersten sekunde an hoffnunglos von ihr längst geführt wurden, befinden wir uns doch in der Veränderung.

Die Essenz differenziert nicht zwischen arm und reich oder dumm und intelligent. Die Essenz führt jeden einzelnen mit unterschiedlichsten Methoden zu der notwendigen Kompensation. Einem Ausgleich aus Bewußtsein und Unterbewußtsein; unseren tierischen Instinkten und göttlichen Intuitionen. Es lehrt einem analytischen, rebellischen und streng logischen Menschen die Bedeutung von Führung und dem übergeordneten Göttlichen. Es lehrt die Ehrfurcht und den Respekt vor anderen und zeigt die Macht der Spiritualität und des Glaubens. Vorallem aber die Tatsache, dass es immer etwas über einem geben wird. Ein Mensch, der sich selbst als höchste Stufe des Daseins sieht und sein Streben nur dem logischen Verstehen der Dinge widmet, wird exakt das Gegenteil von dem erreichen. Es wird ihn nur mehr von der wahren Natur der Dinge verblenden lassen, die im verborgenen alles aufrecht hält und toleriert. Hatsumi betont immer wieder: "Der Respekt vor Gott lies Takamatsu unterrichten wie Gott selbst: Ohne rügen".

Die meisten menschen denken bei Gott an eine übermächtige Personifizierung, die im "Himmel" über uns wacht und bei Fehlverhalten bestraft. Dabei steht Gott für den Glauben ans Gute, für den Respekt vor anderen, für das Streben eines besseren ausgeglichenerem Daseins. Aber vorallem für den Respekt vor sich Selbst.

Auf der anderen Seite sorgt die Essenz des Ninjutsu dafür, dass ein Mensch der hauptsächlich instinktiv handelt und von seinen Körperfunktionen gesteuert wird und daher einer konstanten Führung bedarf, Schritt für Schritt den Konsequenzen seines Handelns nähergeführt wird. Der Mensch lernt in den Taten und Gedanken tiefere Bedeutungen zu sehen und lernt das Meditieren. Ninjutsu diszipliniert nun auch den Geist. Lehrt Kontrolle und Beherrschung. Lässt uns das Tier in einem führen. Die Triebe und Grundbedürfnisse stehen von nun an zweiter Stelle. Durch das Springen über den eigenen Schatten, wird der Mensch ein Teil Gottes.

Während die Essenz die führende Macht im Ausgleich des Individuums darstellt, ist meines Erachtens dem Sensei eine entscheidende abschließende Position zugeteilt. Das alleinige Zusammenführen der tierischen mit der Göttlichen Seite reicht nicht aus eine dauerhafte Fusion zu erzielen. Es ist diese besondere Eigenschaft, die dem Lehrer die Macht verleiht, dem Schüler bei der Verschmelzung zu helfen und die Weitergabe des Wissens ermöglicht. Der Schlüssel, der diesen Prozess in Gang bringt, öffnet dann die Tür zur wahren Existens: Das Dasein eines Menschen.

Er öffnet das Herz und macht dich frei für die Herausforderungen des Lebens. Es gibt aber nicht nur einen Schlüssel. Jeder einzelne Schritt nach vorne, jedesmal wenn sich das Bewußtsein und der Horizont sich erweitert hat, wurde vorher ein weiterer Schlüssel umgedreht und damit Raum für eine weitere Tür geschaffen. Jedes Schloss, jeder Schüler, jede Tür braucht einen anderen Schlüßel.

Auch wenn diese nicht die selben sind wie die zur Zeit von Takamatsu, sind sie von der Energie her die gleichen. Die Form mag sich verändert haben und die Zeit mag nun andere Formen geschaffen haben. Das was dahinter steckt, die Essenz, ist noch die gleiche wie vor tausend Jahren. Heute müssen wir unsere Strategien neu durchdenken und werden trotz unserer offenherzigen und hilfsbereiten Weise vielleicht sogar mit Steinen beworfen. Aber es ist wichtig nie den Mut zu verlieren und weiterhin fürs Gute zu kämpfen und stets bewußt einen höhren Ausgleich anzustreben..

Onur Artuk